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DEC112 2.0
Projektende (05.12.2020)
Förderjahr 2019 / Project Call #14 / ProjektID: 4575 / Projekt: DEC112 - 2.0

Mit dem Projektabschluss von DEC112 2.0 endet zwar ein netidee-Förderprojekt, aber gleichzeitig ist es der Beginn einer neuen Phase einer privaten Initiative die vor 5 Jahren gestartet wurde. Wir möchten diesen Blogbeitrag nutzen um uns beim netidee Förderbeirat zu bedanken, dass wir zweimal (2017 und 2019) mit entsprechenden Förderungen begünstigt wurden, und um die DEC112 Geschichte der letzten 5 Jahre zu erzählen.

Im März 2015 wurde einer der Autoren dieses Blogs eingeladen bei der Plattform Notrufe (RTR GmbH) das Thema NG112 kurz vorzustellen. NG steht für "Next Generation" und 112 ist synonym für Notrufdienste. Wie allgemein bekannt, werden neue Ideen anfänglich durchaus skeptisch betrachtet oder zumindest kritisch hinterfragt. Im Grunde war es bei diesem Zusammentreffen der österreichischen Notrufträger und Netzbetreiber nicht anders. Man war sich, verständlicherweise, schnell einig, dass es für standortbasierte Notrufvermittlung oder multimediale Anrufe gegenwärtig keinen Bedarf gibt. Dennoch fand sich ein Teilnehmer, der im persönlichen Gespräch am Buffet mit einer einfachen Frage unbewusst die Initiative gestartet hat: "Gibt es NG112 schon irgendwo? Ein textbasierter Notruf direkt mit der zuständigen Leitstelle scheint doch besser zu sein als unser Gehörlosen-SMS". Die Antwort dazu: "Nein leider nicht, aber nachdem alles technisch spezifiziert ist, braucht es nur jemanden zur Umsetzung." ... eigentlich wäre damit die Geschichte zu Ende erzählt und Details zur tatsächlichen Umsetzung finden sich ohnehin auf den netidee Projektseiten, dennoch gibt es eine weniger bekannte Vorgeschichte zu DEC112 2.0 die wir hier teilen möchten.

Nach der vorhin erwähnten Plattform Notrufe war schnell eine (vorerst sehr) kleine Gruppe von Ingenieuren, die tagtäglich mit komplexen Herausforderungen im Bereich sicherheitskritischer Kommunikation befasst sind, gefunden und es war jedem klar, dass auch diese Aufgabe (zumindest theoretisch) zu lösen ist - praktisch war es dann doch nicht so einfach. Fragen wie: "Wo würde man das betreiben?" und "Wer würde es finanzieren?" blieben vorerst unbeantwortet. Zudem waren die funktionalen Elemente zwar beschrieben und teilweise rudimentär vorhanden, aber nicht alles Vorort. Eine wesentliche Servicekomponente um die Zuordnung einer Leitstelle anhand des Standortes durchzuführen, gab es leider nur bei drei US-Firmen. Wobei eine Firma sogar bereit war eine günstige Testlizenz für ein Pilotprojekt zur Verfügung zu stellen (das führte aber wieder zur Frage der Finanzierung). Unabhängig davon, war die Entwicklung eines Prototypen ohnehin nicht mehr zu stoppen - schließlich liegt es in der Natur eines Technikers Herausforderungen umgehend zu meistern - und um das Thema der Finanzierung wird man sich ohnehin später kümmern. Nach ein paar Wochenenden war der erste Prototyp fertig und für Demozwecke wurde alles zwecks Mobilität auf einen Raspberry-Pi portiert.

Nach einem weiteren Auftritt bei einer Plattform Notrufe - diesmal mit Demo zum Anfassen - hat das Thema mehr Interesse geweckt und letztendlich zu weiteren Demo- und Gesprächsterminen im BMVIT, bei WITAF und beim ÖGLB geführt. Die Begeisterung bei jedem dieser Termine war groß und es herrschte allgemeine Verwunderung warum es sowas - also Notrufchat mit genauer Standortübermittlung - in Österreich nicht längst gibt; - es hat mittlerweile jeder ein Smartphone und Textnachrichten mit Freunden teilen macht man doch tagtäglich. All das hatte eigentlich nichts widersprüchliches ... nur der Hinweis auf die Notwendigkeit einer amerikanischen Firma verbunden mit der Frage einer Finanzierung hat die Euphorie ein wenig gedämpft und schnell waren zwei Jahre ohne nennenswerte Fortschritte vorbei. Es war Zeit eine neue Strategie zu verfolgen, denn die Idee für ein erstes Pilotprojekt war nicht wie geplant umsetzbar. In Folge hat auch die amerikanische Firma das Interesse verloren und uns blieb eigentlich nur die Option alles selber - eventuell mit Unterstützung der passenden Open Source Community - zu entwickeln. Diese Entscheidung hat uns letztendlich motiviert bei netidee (Call 12) DEC112 einzureichen und erfreulicherweise waren wir mit dem ersten Versuch erfolgreich und in der Gruppe der geförderten Projekte gelistet. Endlich eine Finanzierung ... die Bedingung, dass zumindest eine österreichische Leitstelle DEC112 integriert, war dank 144 Notruf Niederösterreich leicht zu erfüllen. Nach einem weiteren Jahr des Programmierens, vermehrt an Feiertagen und Wochenenden, war es Zeit für die Integration von DEC112 mit dem Leitstellensystem von Notruf NÖ. Nach intensiven Tests gemeinsam mit einem Team vom ÖGLB wurde am 11.2.2019 der Echtbetrieb gestartet.

Die ersten Monate im Echtbetrieb gab es nicht nur mediale Auftritte, sondern auch die Erkenntnis, dass es weiteres Verbesserungspotential hinsichtlich der Anwendung eines neuen Kommunikationsmedium für Notrufe gibt. Ersteres hat zu neuen Partnerschaften und letzteres zur netidee Folgeförderung (Call 14) DEC112 2.0 geführt. Hinsichtlich politischer Unterstützung um notwendige Rahmenbedingungen für einen dauerhaften Betrieb von DEC112 zu schaffen, hat sich, dank mehrerer Gespräche mit Vertretern des BMI (initial wiederum bei einer Plattform Notrufe) einiges bewegt. Wie unlängst vom BMI angekündigt, werden demnächst auch DEC112 Notrufe (112/133) von der Polizei beantwortet und 2021 wird es eine geeignete Infrastruktur für einen dauerhaften Betrieb der DEC112 Kerndienste geben. Für zukünftige Ideen (ja, da gibt es noch einiges zu tun) und um der privaten Initiative DEC112 eine geeignete Körperschaft zu geben, hat das DEC112 Team einen “Verein zur Förderung der Weiterentwicklung von standardisierten und barrierefreien Notrufen” gegründet (bei Interesse bitte eine E-Mail an info@dec112.at).

Rückblickend betrachtet gab es zwar immer wieder kleine Rückschläge und das eine oder andere Motivationstief, aber dank dem persönlichen Engagement aller beteiligten Personen ist es dennoch bemerkenswert was in den beiden Förderprojekten umgesetzt werden konnte. Mittlerweile ist die Frage "Gibt es NG112 schon irgendwo?” einfach mit “Ja, in Österreich!” zu beantworten.

Euer DEC112 Team

 

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