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Werbekennzeichnungspflicht im Lauterkeitsrecht
Eine vergleichende Analyse der relevanten Bestimmungen in Österreich und Deutschland (17.08.2020)

Die werberechtliche Kennzeichnungspflicht ist sowohl in Österreich als auch in Deutschland neben zahlreichen Spezialnormen im Lauterkeitsrecht gesetzlich verankert.

Zur Beurteilung der werberechtlichen Kennzeichnungspflichten kommen Ziffer 11 des Anhangs zu UWG und dUWG (Als Information getarnte Werbung), der Tatbestand der Irreführung durch Unterlassung (§ 2 Abs 4 UWG; § 5a Abs 6 dUWG) sowie der Rechtsbruchtatbestand (§ 1 UWG; § 3a dUWG) in Frage. Dem aufmerksamen Betrachter fällt sofort die inhaltliche Nähe der Bestimmungen auf. Während sich die Normen zwar von ihrem Wortlaut unterscheiden, verlangen sie im Wesentlichen dieselben Anwendungsvoraussetzungen. Diese inhaltliche Nähe entspringt der gemeinsamen europarechtlichen Grundlage: Sowohl das österreichische als auch das deutsche Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb wurden maßgeblich von der europäischen UGP-RL 2005/29/EG geformt. Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass die UGP-RL 2005/29/EG den Schutz des Verbrauchers vorsieht, weswegen nur der B2C-Bereich in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt.

 

Als Information getarnte Werbung

Die jeweiligen Ziffern 11 des Anhangs zu UWG und dUWG entstammen der UGP-RL 2005/29/EG, weswegen beide Vorschriften dieselbe Grundlage aufweisen und insbesondere richtlinienkonform auszulegen sind. Die Satzstellung der deutschen Fassung unterscheidet sich zwar von der des österreichischen UWG, der Inhalt ist jedoch derselbe. Für beide Vorschriften müssen zwei wesentliche Tatbestandsmerkmale erfüllt sein: Entgeltlichkeit und das Vorliegen eines redaktionellen Inhaltes.

Hinsichtlich Influencer Marketing bereitet insbesondere das Tatbestandselement des „redaktionellen Inhaltes“ Schwierigkeiten in der Rechtsanwendungspraxis: Nur in seltenen Fällen wird ein redaktioneller Inhalt in herkömmlichen sozialen Medien wie Instagram zu bejahen sein. In längeren YouTube-Videos, die sich mit einer gewissen redaktionellen Organisation und mit einem bestimmten Thema auseinandersetzen, könnte man das Tatbestandsmerkmal in Österreich jedoch gewiss in Einzelfällen bejahen. In Deutschland sind die Hürden des „redaktionellen Inhaltes“ weit höher, sodass ein Influencer nach wohl herrschender Literaturmeinung dieses Tatbestandselement nicht erfüllen wird.

 

Irreführende Unterlassung

Die Bestimmung der „irreführenden Unterlassung“ findet sich in § 2 Abs 4 UWG sowie in § 5a Abs 6 dUWG und beruht auf Art 7 UGP-RL 2005/29/EG. Beide Bestimmungen stellen nicht zwingend auf das Kriterium der Entgeltlichkeit ab. Des Weiteren muss kein redaktioneller Inhalt vorliegen, wodurch die Bestimmungen in der (deutschen) Praxis häufig zur Anwendung kommen und regelmäßig zur Beurteilung von Influencer Marketing herangezogen werden.

Die Bestimmungen stellen auf die unterlassene Offenlegung des kommerziellen Zwecks eines Inhaltes ab. Dieser ist in Deutschland bereits in jeder geschäftlichen Handlung enthalten und daher bereits bei Anwendbarkeit des dUWG zu bejahen. In Österreich muss für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmales des kommerziellen Zwecks eine Geschäftspraktik vorliegen, die bei Heranziehung einer objektiven Betrachtungsweise werbliches Übermaß annimmt.

 

Rechtsbruchtatbestand

Der Rechtsbruchtatbestand des § 3a dUWG hat in der deutschen Judikatur zum Influencer Marketing bisher keine Bedeutung erlangt. Dennoch können die spezialgesetzlichen Bestimmungen zur Werbekennzeichnungspflicht (§ 58 dRStV und § 6 dTMG) durch § 3a dUWG Eingang in das Lauterkeitsrecht finden. Durch § 1 UWG kommen auch in Österreich spezialgesetzliche Bestimmungen zur Kennzeichnungspflicht von Werbemaßnahmen zur Anwendung. Diesbezüglich unterscheidet sich die Rechtslage in Deutschland und Österreich somit nicht.

 

Ergebnis

Die deutsche Judikatur zieht zur Beurteilung von Influencer Marketing regelmäßig die Bestimmung des § 5a Abs 6 dUWG heran, da dieser geringere Anforderungen an den Inhalt des jeweiligen Beitrages stellt. Aufgrund derselben europarechtlichen Grundlage sind sich die deutsche und die österreichische Bestimmung materiellrechtlich sehr ähnlich, sodass wohl auch die österreichische Judikatur zu einem ähnlich strengen Ergebnis kommen kann. Die Kennzeichnungspflicht von Werbebeiträgen ist daher auch in Österreich jedenfalls zu bejahen und rechtlich durchsetzbar.

 

Dr. Tobias Weidinger

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Dr. Tobias Weidinger hat seine Dissertation an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz verfasst. Während dieser Zeit arbeitete er als Universitätsassistent am Institut für Zivilverfahrensrecht und Insolvenzrecht im Arbeitsbereich von Vizedekanin und Institutsleiterin Univ.-Prof. Dr. Bettina Nunner-Krautgasser und war bereits während seines Studiums an zwei rechtswissenschaftlichen Instituten der Karl-Franzens-Universität als Studienassistent tätig.

Seine Forschungsgebiete umfassen insbesondere Insolvenzrecht, Zivilverfahrensrecht, Privatrecht, Legal Tech und IT-Recht. Dr. Weidinger arbeitete zuvor bereits als Rechtshörer am Landesgericht für Zivilrechtssachen in Graz, als Legal Intern bei zwei renommierten Kanzleien und war mehrere Jahre als freier Werbetexter tätig. Er war Lektor und Mitherausgeber des Law@Graz-Magazins, ehrenamtlicher Mitarbeiter der Fakultätsvertretung Jus und einige Jahre als Referent für Schulsport im Vorstand des Steirischen Badminton Verbandes (StBV) tätig.

Nunmehr ist Dr. Weidinger als Wirtschaftsjurist in der Privatwirtschaft tätig.

Skills:

Insolvenzrecht
,
Zivilverfahrensrecht
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Zivilrecht
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IT-Recht
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Datenschutzrecht
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