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Grundlagen der Gerichtsbarkeit
Wo Normen ausgelegt werden (12.04.2024)
Förderjahr 2023 / Projekt Call #18 / ProjektID: 6716 / Projekt: shrinkwrap.legal

Als Rechtsunterworfener in Österreich könnte man meinen, die bloße Kenntnis der gültigen Gesetze und Verordnungen reiche aus, um über den aktuellen Stand der in Österreich anwendbaren Normen informiert zu sein. Diese werden in Österreich auch tagesaktuell und in konsolidierten Fassungen angeboten. So bietet das Rechtsinformationssystem des Bundes (ris.bka.gv.at) einen umfassenden Überblick über die aktuell gültigen Gesetze und Verordnungen auf Bundes- und Länderebene an. Diese sind in der Regel tagesaktuell konsolidiert und in einem recht großen Zeitraum auch zu Stichtagen abrufbar. Auf europäischer Ebene sind sowohl die unmittelbar anwendbaren europäischen Verordnungen, als auch Durchführungsbeschlüsse der Europäischen Kommission und Richtlinien im EUR-Lex (eur-lex.europa.eu) abrufbar. Auch dort wird (etwas eingeschränkt) eine konsolidierte Fassung angeboten.

Gleichzeitig regeln Normen nicht jeden einzelnen Grenzfall. Das ist in der Gewaltentrennung die Aufgabe der ordentlichen Gerichtsbarkeit (Art. 82ff B-VG). Neben geltenden Gesetzen ist damit auch Wissen über die Auslegung einzelner Bestimmungen durch Gerichte notwendig, um die geltende Rechtslage interpretieren zu können. Als illustratives Beispiel: Allein zum § 879 ABGB (Verstoß von Verträgen gegen die guten Sitten) gibt es allein vom Obersten Gerichtshof 148 veröffentlichte Entscheidungen.

In Österreich gibt im Instanzenzug insgesamt drei Höchstgerichte: Den Verfassungsgerichtshof, den Verwaltungsgerichtshof und den Obersten Gerichtshof. Die unteren Instanzen verteilen sich in Österreich auf eine Vielzahl an unterschiedlichen Gerichten.

Im Zivil- und Strafrechtssachen verteilt sich die Gerichtsbarkeit auf insgesamt 113 Bezirksgerichte, 20 Landesgerichte, 4 Oberlandesgerichte und den Obersten Gerichtshof. In Verwaltungssachen entscheiden 11 Verwaltungsgerichte erster Instanz: Neun Landesverwaltungsgerichte, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesfinanzgericht.

Die Urteile, Beschlüsse und Erkenntnisse all dieser Gerichte werden im RIS veröffentlicht. Leider veröffentlichen bei weitem nicht alle Gerichte ihre Urteile. Insbesondere in Zivil- und Strafrechtssachen ist nur ein Bruchteil der Entscheidungen veröffentlicht, insbesondere bei den Bezirks- und Landesgerichten stellt eine Veröffentlichung eher die Ausnahme als die Regel dar.

Erschwerend kommt hinzu, dass diese Gerichtsurteile keine einheitlichen Regelwerken folgen. Selbst die allgemeine Aufteilung in Urteilskopf, Urteilsspruch und Begründung - die in der Regel wiederum zwischen Vorbringen, Sachverhalt und rechtlicher Beurteilung unterteilt - folgt keinen eindeutigen Formalvorschriften. Über die Schwierigkeiten, all diese unterschiedlichen Anforderungen dann doch automatisiert in vergleichbare Zusammenfassungen zu packen, werden wir in den nächsten Blog-Beiträgen berichten.

Thomas Schreiber

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Thomas besitzt Master in Informatik der TU Wien und Wirtschaftsrecht der WU. Er widmet sich der Schnittstelle zwischen Recht und Technik.
Neben seinem Hauptberuf in der RTR-GmbH beschäftigt er sich als Programmierer von FlexLex mit der Erstellung von PDFs für den Buchdruck, als Mitgründer von NetzBeweis mit digitaler Signatur.

Skills:

Backend Entwicklung
,
Frontend Entwicklung
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