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Zur Geschichte des Onlinehandels
Eine Herleitung (28.01.2020)
Förderjahr 2019 / Stipendien Call #14 / ProjektID: 4465 / Projekt: Strategien in der Plattformökonomie

Mit der Entwicklung des Internets wurden neue Möglichkeiten zur Überwindung von Distanzen geschaffen. „Das Internet ist ein weltweiter Zusammenschluss von Computer-Netzwerken, die einen gemeinsamen Standard benutzen. Es dient in erster Linie der Kommunikation und dem Austausch von Informationen.“ (Kollmann 2019, 22). Die damit einhergehenden Veränderungen für Individuen und Organisationen werden häufig als digitale Revolution bezeichnet. „Darunter versteht man den durch die Digitalisierung und Computer bedingten Umbruch und Wandel in Technik und (fast) allen Lebensbereichen.“ (Jaekel 2016, 2). Digitalisierung betrifft alle gesellschaftlichen Belange und führt insbesondere im Einzelhandel, welcher durch eine Vielzahl an Kommunikations- und Transferprozessen geprägt ist, zu weitreichenden Veränderungen (Hagberg et al. 2016, 694–695). Zentrale Vorteile dieser Veränderungen sind die Senkung der Transaktionskosten und die Beschleunigung der Transaktionsprozesse (Kollmann 2019, 26). Diese Veränderungen gehen vergleichsweise schnell von Statten und erhöhen dadurch den Anpassungsdruck auf die einzelnen Marktteilnehmer. Die Digitalisierung führt zum Bruch mit bestehenden Ordnungssystemen und eröffnet die Möglichkeit für disruptive Entwicklungen in weiten Bereichen des Marktes. Die Disruption erfasst die einzelnen Branchen nicht zeitgleich, sondern ist von der Adaption der relevanten Marktteilnehmer abhängig, welche – durch die folgende Anpassung der Konkurrenz – zu nachhaltigen Veränderung der Branche führt (Jaekel 2016, 2–3).
Insbesondere der Versandhandel macht sich die Internetfunktionalitäten der Kommunikation und des Informationsaustausches zu Nutze. So existierten zu Beginn der 1990er Jahre hohe Erwartungen an die Einsetzbarkeit der revolutionären technischen Entwicklungen in der Handelspraxis (Morschett 2012, 395). Die tatsächliche Entwicklung vollzog sich jedoch langsamer und in Etappen. Zwischen 1993 und 1999 entstanden erste, einfache Vertriebskonzepte, welche die Internetkommunikation für Bestellungen nutzten. In weiterer Folge entwickelten sich standardisierte Systeme zur Kaufabwicklung. Diese Phase war durch hohe Investitionen in die Besucherzahlen geprägt und wird retrospektiv als Lernphase des Onlinehandels bezeichnet (Heinemann 2018, 41). Im Jahr 2000 kam es zum Ende der Dotcom-Welle. Spekulationen führten zuvor zu einer Blasenbildung, von der eine Vielzahl an Technologieunternehmen betroffen war. Nach der Kurskorrektur und einer Reihe von Insolvenzen stellte sich die Branche neu auf. Der Onlinehandel wies, trotz des Platzens der Dotcom-Blase, stetige Wachstumsraten auf und entwickelte sich zum wichtigsten Zweig des Distanzhandels (Morschett 2012, 395). Die schnelle Ausweitung des Onlineangebots schuf einen Markt für Vergleichsdienstleistungen und lies neue Geschäftsmodelle entstehen. In den Jahren von 2000 bis 2005 entstanden große Vergleichsportale. Seit 2005 hält die Phase der Shop-Optimierung an. Diese ist von intensiven Investitionen in die Benutzerfreundlichkeit der Internetseiten geprägt. Zusätzlich besteht seit 2008 die Phase der Mitgliederseiten mit Web 2.0-Funktionalitäten. Diese ermöglichen eine wechselseitige Interaktion und machen den Benutzer zu einem aktiven Teil des jeweiligen Onlineangebots. 2010 begann die Mobile-Phase, 2013 die Omni-Channel-Phase und 2016 kam es zu einer Neuausrichtung des App- und Smartphone-Commerce (Heinemann 2018, 41–42).
Neben der Art des Angebots veränderte sich auch das Front-End stetig. Dieses bezeichnet die Darstellung auf dem jeweiligen Endgerät, mit welchem der Kunde kommuniziert. Zunächst begann der Onlinehandel mit der Desktopversion auf dem Personal Computer. Seit Apples Einführung des I-Phone und der Marktdurchdringung weiterer Smartphones gewinnt der Handel über mobile Endgeräte an Attraktivität. Mit den wachsenden Anteilen mobiler Nutzer steigen auch die Ansprüche an die Nutzbarkeit der Onlineangebote. Apps machen es Unternehmen möglich, auf das Endgerät angepasste Inhalte anzubieten. Später wurde der Desktop abgelöst durch diverse Tablet-Varianten. Zuletzt erweiterten Smartwatches und Sprachassistenten die Kontaktpunkte zwischen Anbietern und Kunden (Graf/Schneider 2017, 13–14). Neben den technischen Anforderungen liegt der Unterschied zwischen dem Endgerät Personal Computer und einem mobilen Endgerät in der physischen Haltung des Nutzers. Beim Personal Computer in Form einer Desktopversion ist die Haltung eher konzentriert und zielgerichtet, beim mobilen Endgerät eher erlebnisorientiert und wenig fokussiert. Die Haltung der Desktopvariante kann daher auch als lean-forward und die der mobilen Variante als lean-back verstanden werden (Swoboda et al. 2019, 9). Der Onlinehandel mittels Mobilfunkgeräten wird auch als Mobile-Commerce bezeichnet (Ausschuss für Definitionen zu Handel und Distribution 2006, 32).

Ausschuss für Definitionen zu Handel und Distribution (2006): Katalog E: Definitionen zu Handel und Distribution. 5. Ausgabe. Köln: Institut für Handelsforschung an der Universität zu Köln IFH.
Graf, Alexander/Schneider, Holger (2017): Das E-Commerce Buch: Marktanalysen - Geschäftsmodelle - Strategien. 2. komplett überarbeitete und erweiterte Auflage. Frankfurt am Main: Deutscher Fachverlag.
Hagberg, Johan/Sundstrom, Malin/Egels-Zanden, Niklas (2016): The Digitalization of Retailing: An Exploratory Framework. In: International Journal of Retail & Distribution Management; Bradford, 44 (7), 694–712.
Heinemann, Gerrit (2018): Der neue Online-Handel: Geschäftsmodelle, Geschäftssysteme und Benchmarks im E-Commerce. 9. vollständig überarbeitete Auflage. Wiesbaden: Springer Gabler.
Jaekel, Michael (2016): Die Anatomie digitaler Geschäftsmodelle. Essentials. Wiesbaden: Springer Vieweg.
Kollmann, Tobias (2019): E-Business: Grundlagen elektronischer Geschäftsprozesse in der Digitalen Wirtschaft. 7. überarbeitete und erweiterte Auflage. Wiesbaden: Springer Gabler.
Morschett, Dirk (2012): Distanzhandel - Online-Shops und andere Formen. In: Zentes, Joachim/Swoboda, Bernhard/Morschett, Dirk/Schramm-Klein, Hanna (Hrsg.): Handbuch Handel. Wiesbaden: Springer Gabler, 375–398.
Swoboda, Bernhard/Foscht, Thomas/Schramm-Klein, Hanna (2019): Handelsmanagement: Offline-, Online- und Omnichannel-Handel. 4. vollständig überarbeitete Auflage. Vahlens Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. München: Vahlen.

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