
Förderjahr 2024 / Projekt Call #19 / ProjektID: 7381 / Projekt: AdGuardians
Diese Maschen verwenden Betrüger in der Bewerbung von Fakeshops und ihren "Produkten".
"Nach 29 wunderbaren Jahren schließen wir unsere Türen." So oder so ähnlich verabschieden sich Modegeschäfte mit Sitz in Österreich, Deutschland oder der Schweiz auf Social Media. Emotional bedanken sich diese lokalen Familienunternehmen bei ihren langjährigen, treuen Kunden und berichten über ihre vermeintliche Gründungsgeschichte und den Schließungsgrund – oftmals Familientragödien wie Krankheits- oder Todesfälle. In Verbindung damit gibt es natürlich einen unschlagbaren Abschluss-Sale, letztendlich muss alles raus. Der Haken? Alles total erfunden.
In den vergangenen Monaten beobachteten wir zunehmende Aktivität betrügerische Dropshipper, auch als Ghost Stores bezeichnet, auf Facebook und Instagram, auch die WKO meldete uns zahlreiche dieser Ghost Stores.
Kriminelle missbrauchen dabei emotionale Geschichten und versuchen so, sich das Vertrauen von Konsument:innen zu erschleichen. Beliebt ist auch das Narrativ, die "großen Konzerne hätten gewonnen", und die kleinen österreichische Läden gäben jetzt nach Jahrzehnten "den Kampf" auf. Dabei wird die Neigung der Öffentlichkeit ausgenutzt, lokale, familienbetriebene Unternehmen zu unterstützen. Oft wird bereits im Namen ein Bezug zu Österreich oder Deutschland hergestellt, indem beispielsweise Städte wie Salzburg oder Wien im Geschäftsnamen integriert sind. Auf den Websites sind Aussagen wie „Unser Herz schlägt für unsere wunderschöne Heimat Österreich“ zu lesen. Zudem vermarkten sich die Online-Shops als Ort „für hochwertige, moderne und trendige Kleidung“.
Zu diesem Phänomen wurde der neu entwickelte Open-Source-Crawler erprobt und eine Schwerpunkterhebung durchgeführt. Durch manuelle Testung, Trial-and-Error und die Verwendung des Crawlers kristallisierten sich in einem ersten Durchlauf 17 Schlüsselsätze und 22 Ghost Stores als Suchbegriffe heraus. In einem iterativen Prozess erfolgte eine manuelle Überprüfung der ausgespielten Daten und die Sammlung wurde um neue Formulierungen ergänzt. Diese Liste wurde erneut gefiltert, bis eine valide Datengrundlage entstand, die anschließend analysiert wurde.
In der Erhebung ermittelte das ÖIAT 36.725 Werbeanzeigen, die zwischen 1. Jänner und 30. April 2025 an Facebook- und Instagram-Nutzer:innen in Österreich ausgespielt wurden. Diese Anzeigen leiteten auf 71 unterschiedliche Zielseiten beziehungsweise betrügerische Ghost-Stores weiter. Insgesamt konnten 84 verschiedene Facebook-Seiten identifiziert werden, die teils mehrfach zu denselben Websites verlinken. Besonders problematisch: Diese Anzeigen erreichten EU-weit 85,9 Millionen Menschen, in Österreich lag die Reichweite bei knapp 30 Millionen Personen. Besonders hohe Sichtbarkeitsraten gab es bei weiblichen Nutzer:innen im Alter von 45–65 Jahren.
Zusätzlich wurde eine detaillierte Analyse der Top 20 Shop-Seiten auf Facebook bzw. Instagram mit der höchsten Reichweite durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass acht davon bereits 2024 Werbeanzeigen schalteten. „Kruger Mode“ beispielsweise platzierte am 03.08.2024 die erste Anzeige. Obwohl einige Anzeigen aufgrund unzulässiger Geschäftspraktiken gelöscht wurden, konnte der Account den Großteil der insgesamt rund 2.200 Werbeanzeigen weiterhin ausspielen. Stand Mai 2025 - ganze 10 Monate nach dem Schalten der ersten Werbeanzeige - sind nach wie vor aktive Anzeigen zu finden.
Hier finden Sie alle Ergebnisse der Schwerpunkterhebung zum Download.