Mann kauft online ein.
Preisänderungen beim Online-Kauf: Kund/innen sind wenig tolerant
Studie des Österreichischen E-Commerce-Gütezeichens zu datenbasierter Preisgestaltung. (28.03.2019)
Förderjahr 2018 / Project Call #13 / ProjektID: 3523 / Projekt: preis.wert

Die neue Studie des Österreichischen E-Commerce-Gütezeichens zu datenbasierter Preisgestaltung zeigt: 39 % der Konsument/innen haben Preisschwankungen noch nie bemerkt. Von Konsument/innen gibt es kein Verständnis für persönliche Preisgestaltung.

Wer online einkauft, ist zunehmend mit individuell angepassten und sich flexibel ändernden Preisen konfrontiert. Während für Händler diese Art der Preisgestaltung in harten Konkurrenzsituationen beinahe unverzichtbar ist, erschwert sich für Konsumenten damit ein transparenter Preisvergleich. Entsprechend sensibel reagieren Online-Shopper daher, wenn sie Preisschwankungen bemerken.

Das Österreichische E-Commerce-Gütezeichen hat erstmals sowohl 229 Onlineanbieter aus Österreich zu den Herausforderungen beim Thema Preisanpassungen als auch 1.000 österreichische Konsumenten zu ihren Erfahrungen beim Online-Einkauf befragt.

Onlinehandel: Dynamic Pricing vor allem aus Konkurrenzdruck

Die dynamische Preisgestaltung (Dynamic Pricing) in Abhängigkeit von Wochentag, Uhrzeit oder Wetter ist im internationalen Online-Handel bereits weit verbreitet. Zusätzlich können Händler aber auch Daten ihrer Kunden für die personenbezogene Preisbildung miteinbeziehen (Personal Pricing), wie z. B. das bisherige Surf- und Einkaufsverhalten, den Standort oder die Art des benutzten Endgeräts.

„38 Prozent der befragten österreichischen Unternehmen, die Online-Shops oder Online-Buchungsmöglichkeiten anbieten, nutzen die Möglichkeiten der datenbasierten Preisgestaltung in irgendeiner Form“, erklärt Thorsten Behrens, Geschäftsführer des Österreichischen E-Commerce-Gütezeichens, die Handhabe österreichischer Online-Anbieter und ergänzt: „Je höher der Umsatz, desto häufiger setzen Unternehmen datenbasierte Preisgestaltung auch ein.“ In erster Linie dient diese Maßnahme der Anpassung der eigenen Preise an die der Konkurrenz (bei 42 Prozent). Aber auch das bisherige Einkaufsverhalten der Kunden wird von 28 Prozent der Befragten zur Preisgestaltung herangezogen. Die Tageszeit, das bisherige Suchverhalten, der Wohnort und der Wochentag spielen bei je einem Fünftel eine Rolle. Das Gerät, mit dem der Kunde surft bzw. shoppt, hat dagegen nur selten Einfluss auf den Preis.

Eine grafische Darstellung der fünf meist genutzten Preisgestaltungen.

Die Mehrheit der befragten Händler (62 Prozent) lehnt die dynamische Preisgestaltung bisher ab. Als Gründe nennen sie zu gleichen Teilen den größeren Aufwand sowie das fehlende Know-how, aber auch Bedenken, dadurch einzelne Konsumenten zu diskriminieren. Immerhin 8 Prozent planen allerdings, diese Möglichkeiten in Zukunft doch zu nutzen.

Konsumenten reagieren sensibel bei persönlichen Preisanpassungen

Die befragten Konsumenten geben an, dass sie Preisschwankungen vor allem bei Flug- (28 Prozent) und Hotelbuchungen (26 Prozent) registriert haben. Dazu Thorsten Behrens: „Flug- und Hotelbuchungsplattformen sind Vorreiter bei der persönlichen Preisgestaltung, bei ihnen ist diese Praxis schon lange gang und gäbe. Der Online-Handel holt hier auf und auch andere Branchen wie z. B. Mobilitäts- und Car-Sharing-Anbieter verrechnen ihren Kunden bei gleichen Fahrzeugmodellen unterschiedliche Preise – je nachdem, an welchem Wochentag, von welchem Endgerät, zu welcher Uhrzeit und von wo gebucht wird.“

Dass es aber auch produktbezogene Preisänderungen in verschiedenen Web-Shops gibt, fiel den Online-Einkäufern deutlich seltener auf: Nur 17 Prozent bemerkten dies bei elektronischen Unterhaltungsgeräten wie Smartphones, Fernsehern und Computern, weitere 13 Prozent bei Haushaltsgeräten und 14 Prozent bei Bekleidung. Überraschend ist, dass 39 Prozent Preisschwankungen beim Online-Einkauf noch gar nie bemerkt haben.

„Es ist fast unmöglich, verlässlich einzuschätzen, wann Konsumenten am besten ein bestimmtes Produkt kaufen sollten. Liegt eine definitive Kaufabsicht vor, empfehlen wir Verbrauchern, den Preis für ein bestimmtes Produkt zu unterschiedlichen Tages- und Wochenzeitpunkten abzurufen und in mehreren Shops zu vergleichen. Ab und zu sollte auch der Browserspeicher gelöscht oder von einem anderen Gerät gesucht werden“, empfiehlt Behrens. „Das erhöht die Chance, den besten Preis zu ergattern.“

Grafische Darstellung dazu, ob KonsumentInnen schon Preisänderungen bemerkt haben.

 

Wenig Verständnis für variable Preise auf Konsumentenseite

Konsumenten, die Schwankungen bei den Kosten bemerken, beobachten zunächst die Preisentwicklung des gewünschten Produkts bzw. der Dienstleistung: Mehr als die Hälfte (56 %) vergleicht den Preis und kauft letztendlich beim günstigsten Online-Anbieter. Jeder Fünfte (19 %) sucht im stationären Handel bzw. in einem Geschäft nach einer günstigeren Alternative und 14 Prozent warten darauf, dass der Preis im ausgewählten Shop wieder sinkt und kaufen dann dort ein.

Grafische Darstellung der Reaktion von Konsument/innen auf Preisänderungen.

 

Verständnis für Preisänderungen gibt es von Konsumenten lediglich dann, wenn der Preis an die Konkurrenz angepasst wird: 59 Prozent fänden dies zumindest in manchen Fällen noch akzeptabel und 13 Prozent würden trotzdem in diesem Online-Shop einkaufen. Alle anderen Gründe für Preisänderungen werden von der Mehrheit der Befragten nicht akzeptiert. Dazu gehören z. B. Preisanpassungen aufgrund des Wohnortes, des Ortes zum Zeitpunkt der Bestellung, des genutzten Endgeräts oder des bisherigen Kaufverhaltens bzw. Surf- und Suchverhaltens. Werden solche Änderungen bemerkt, würde die Mehrheit nicht in diesem Shop kaufen.

Grafische Darstellung zur Akzeptanz von Preisänderungen durch Konsument/innen

Rechtlich erlaubt, aber eine Frage der Fairness

„Aus rechtlicher Sicht ist die Preisdifferenzierung unproblematisch und es ist nicht zwingend vorgeschrieben, dass Preise für jeden gleich und über einen längeren Zeitraum stabil sein müssen. Wichtig ist, dass die Unternehmen Datenschutzbestimmungen und Diskriminierungsverbote einhalten“, erklärt Behrens. Unternehmen sollten jedoch nicht die Risiken, die sich dadurch ergeben, unterschätzen. Die größte Herausforderung ist die Frage der Fairness aus Sicht der Kunden. „Beispiele zeigen, dass es schnell zu Reputationsschäden kommen kann, wenn Kunden das Gefühl haben, unfair behandelt worden zu sein“, warnt Behrens und ergänzt: „Die individuelle Verteilung von Rabatten und Gutscheinen scheint beim Kunden jedenfalls besser anzukommen als die intransparente Anpassung von Preisen.“

Zertifizierte und vertrauenswürdige Online-Shops bevorzugt

Haben Online-Einkäufer die Wahl zwischen zwei Anbietern, dann sind – abgesehen vom Preis (56 Prozent) – die Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit eines Online-Shops (46 Prozent) sowie die Erfahrungen mit dem Anbieter (42 Prozent) die entscheidenden Kriterien. Mehr als 74 Prozent der Befragten geben an, dass ihnen eine nachweisliche Zertifizierung eines Online-Shops wichtig ist. „Leider gibt es beim Online-Shopping nach wie vor viele Unsicherheiten und Problemfelder, weshalb Konsumenten nach vertrauenswürdigen Shops suchen. Hierbei hilft ein Gütezeichen, das zertifizierte Anbieter mit hohen Qualitätsstandards kennzeichnet“, so Behrens.

Über die Studien:

Konsumentenbefragung: Repräsentative Studie des Österreichischen E-Commerce-Gütezeichens unter 1.000 Österreicherinnen und Österreichern (zwischen 14 und 65 Jahren) mittels Online-Befragung, durchgeführt von meinungsraum.at im November 2018.

Händlerbefragung: Online-Befragung von 229 Unternehmen, die Waren oder Dienstleistungen über das Internet verkaufen, durchgeführt von MarketAgent im Dezember 2018.

Anmerkung: Dieser Blogartikel wurde mit freundlicher Genehmigung des Österreichischen Gütezeichens übernommen. Thorsten Behrens, Geschäftsführer des Österreichischen Gütezeichens leitet das netidee-Projekt "preis.wert".

 

Tags:

Dynamic Pricing; Machine Learning; Personal Pricing; Preisdifferenzierungen; Preisdiskriminierung; Preisvergleich; KonsumentInnen; Konsumentenschutz; E-Commerce

Louise Beltzung

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Credit: Jacqueline Godany
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